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Inhalt
Völkerrecht "studiert" und Buchtitel geklaut?
Baerbock-Interview im Zeitgeist urbaner Klimamoralapostel

Mühe und Aufwand nicht wert
Interview mit Volker Kauder im ZEITmagazin

Keiner will wie Anne Will
Fernsehtalk widerlegt letzte Rechtfertigung eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens

"Lügenpresse, Lügenpresse, Lügenpresse"
Zu viel der Ehre für Günther Jauch und die Kanzlerin

Vom Gipfel herab
Abfütterung der Pressemeuten

Wiso staatstragend
Die ganz normale öffentlich-rechtliche Volksverdummung

Jetzt aber mal arisch
Ganz kleines “kleines Fernsehspiel”

An einem Tag wie immer
Außer Reden nichts gewesen


19./22.6.2021 Völkerrecht "studiert" und Buchtitel geklaut?
Baerbock-Interview im Zeitgeist urbaner Klimamoralapostel

von Walter Budziak

Eine Wanderwoche in der Eifel, ich komme in einer lauen Juninacht nach dem Weinabend in mein Pensionszimmer und denke, höre ich vor dem Einschlafen noch der Phoenix Runde im Fernsehen zu. Die findet aber nicht statt. Statt dessen Phoenix persönlich, die Gastgeberin Eva Lindenau im Gespräch mit Annalena Baerbock. Auch gut, denke ich, gespannt, wie die frisch gebackene Kanzlerkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl im Herbst sich schlägt im Gegenwind kritischer Fragen auch zu ihren verspätet gemeldeten Nebeneinkünften und halbgaren Angaben zu ihrem Völkerrechtsstudium.

Schon mit ihrer dritten Frage stellt Lindenau Baerbocks Buch auf den imaginären Sockel, von dem ich bis dahin gar nichts wusste. Ob die Kanzlerkandidatin neben dem Parteiprogramm mit ihrem Buch "den Menschen draußen" zeigen wolle, die Grünen seien eine Partei der Mitte? Nee, so Baerbock, ein Buch zu schreiben sei eigentlich das Letzte gewesen, was sie habe machen wollen, aber durch den Lockdown im Coronawinter habe sie viel im Homeoffice gearbeitet und "auch erstmalig so viele Nächte zu Hause verbracht". Mir drängte sich sofort die Frage auf, wo und mit wem sie sich wohl in all den Jahren davor nächtens herumgetrieben hatte.

Jedenfalls habe sie vieles für sich nochmal selbst reflektiert, was könnten "wir als Gesellschaft" in Zukunft verändern und was sie persönlich dazu mit einbringen, sie habe einfach "für sich selber" noch einmal "zusammengeschrieben", was sie, in ihrer Jugend auf dem Dorf geprägt, antreibe, was Sport für sie bedeute und was eine "Analyse dazu, was (...) wir in Zukunft besser machen" könnten. "Diese ganzen Puzzlestücke" seien in ihrem Buch wiederzufinden, und das passe "jetzt in diesem Moment", glaube sie, ganz gut.

Damit Ende des Werbeblocks? Keineswegs. Nach einer Anschlussfrage, was Baerbock denn nun antreibe, das Amt der Bundeskanzlerin anzustreben, und den üblichen Antwortphrasen zu "dem vielen Guten", das in dem Land stecke, zu Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit, zu Kindern und Jugend, kommt Lindenau direkt wieder auf Baerbocks tolles Buch zu sprechen. Ihr sei "beim Lesen des Buches aufgefallen, dass es wirklich sehr sorgfältig austariert" sei "zwischen den verschiedenen Politikbereichen", immer auch "mit etwas Persönlichem" von Baerbock, und "doch sehr sorgfältig abgewogen", um dann ihrer anschließenden Frage nach Zweifeln an der Redlichkeit einiger Angaben in Baerbocks publiziertem Lebenslauf die Erkenntnis voranzustellen, "dass wirklich alle, dass möglichst viele Wählergruppen sich (von Baerbocks Buch) angesprochen fühlen".

Ist das so? Müsste sich das nicht erst noch erweisen? Das Buch ist offiziell noch gar nicht erschienen, liegt nach Angaben des Ullstein-Verlags erst ab 21.6.2021 beim Handel.

Der Ausschaltknopf bewahrte mich davor, die kurze Nacht bis zum Frühstück nicht mit Aufgebrachtsein zu verplempern. Was Lindenau da abliefert, hat mit Journalismus, mit kritischem gar, nichts mehr zu tun. Was Lindenau da abliefert, ist öffentlich zwangsfinanziertes, von der Öffentlichkeit aber nicht legitimiertes, von den Machern eigenmächtig instrumentalisiertes Wahlpropagandafernsehen, in der Regel, wie auch in diesem Fall, mit religiösem Eifer dem Zeitgeist gewisser gesellschaftlicher Kreise urbaner Klimamoralapostel frönend tiefgrün durchtränkt.

Ich habe beschlossen, Phoenix erst wieder einzuschalten, wenn mir, nur der Ausgewogenheit halber, einer wie Alexander Gauland von der AfD in einem TV-Interview sein "wirklich sehr sorgfältig" austariertes und abgewogenes Buch vorstellen darf. Wie selbstgefällig und selbstgerecht hippe 'Journalisten' wie Lindenau ihren Lesern, Hörern und Zuschauern grüne Weltsicht meinen einbläuen zu müssen, falls die Grünen die Wahl nicht gewinnen, will ich mir gar nicht erst vorstellen.

Nachtrag: Baerbocks Buch heißt "Jetzt". Passend zu Baerbocks "Lebenslauf-Bluff" (Bild-Zeitung) ist der Titel, wenn nicht geklaut, so doch in keinen Fall originell. "Jetzt! Die Kraft der Gegenwart" heißt die deutsche Übersetzung von Eckhart Tolles Bestseller "The Power Of Now", 1997 veröffentlicht, in der deutschen Fassung schon 2005 in 13. Auflage im Verlag J.Kamphausen erschienen. Wie der Ullstein-Verlag, in dem Baerbocks Buch erschienen ist, auf Anfrage heute, 22.6.2021, mitteilt, sei der "Haupttitel mit dem Verlag Kamphausen abgesprochen".

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20. Dez. 2020 Mühe und Aufwand nicht wert
Interview mit Volker Kauder im ZEITmagazin

von Walter Budziak

Im aktuellen ZEITmagazin steht ein Interview mit dem dienstältesten ehemaligen Vorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. Im Begleittext heißt es, der Merkelvertraute werde sich aus dem politischen Geschäft zurückziehen und bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr kandidieren. Auf Anfragen der ZEIT habe er „oft äußerst knurrig“ reagiert, will wohl sagen, er habe die Anfrager abblitzen lassen. Warum sonst sollten die Autoren der ZEIT „umso erstaunter“ gewesen sein, als er sich jetzt plötzlich auf „zwei lange Gespräche“ eingelassen habe: eins in seinem Heimatwahlkreis in Tuttlingen und eins an seinem Noch-Arbeitsplatz als Abgeordneter in Berlin.

Warum wohl? Weil es ihm passt. Weil er dieser Zeitung und deren Lesern noch etwas sagen will natürlich, weil er noch etwas platzieren, bestenfalls manipulieren will. Nach seinem Abgang aus Berlin möchte er nämlich öffentlich gar nichts mehr sagen, schreibt die ZEIT in ihrem Magazin. Aber eine Biografie veröffentlichen vielleicht und schon mal den publizistischen Acker für eine verkaufsfördernde PR-Kampagne bestellen?

Diese Melange verrät viel über den Zustand und das Verzahntsein von Medien und Politik. Und umgekehrt. In Deutschland im Allgemeinen und wahrscheinlich in Berlin im Besonderen.

Zuallererst ist sich die ZEIT offensichtlich nicht zu schade, sich auf diese gnädige Audienz überhaupt einzulassen. Statt dessen geht sie selbstverständlich davon aus, jahrelang hinter grundgesetzlich gerechtfertigten Anfragen herbitten zu müssen, dann froh und stolz wie ein Hund, wenn die Herrschaft ihr endlich ein paar Antworten hinwirft.

Der Strippenzieher Kauder hat auch kurz vor seinem Verlassen der politischen Bühne keine Skrupel, mit seiner Vorgehensweise einzuräumen, wie er demokratisches Handeln und die verfassungsrechtliche Freiheit und Unabhängigkeit der Presse versteht und praktiziert.

Die Presse muss nicht um ein Gespräch mit einem Volksvertreter bitten, sie kann es verlangen. Und als vom Volk gewählter Abgeordneter und von öffentlichen Geldern entlohnter Amtsinhaber hat auch ein Volker Kauder die verdammte Pflicht, alle im öffentlichen Interesse vorgebrachten Fragen nach seinem politischen Tun und Lassen sofort und umfassend zu beantworten.

Zu lesen braucht man das Interview dann auch nicht mehr. Das Ergebnis war die Mühe und den Aufwand nicht wert. Braver und angepasster lässt sich ein eingefleischter Machtpolitiker nicht befragen. „Was gefällt Ihnen am Theater?“, viel kritischer werden die Fragen nicht.

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16. Nov. 2020 Keiner will wie Anne Will
Fernsehtalk widerlegt letzte Rechtfertigung eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens

von Walter Budziak

Die Hohlheit, mit der selbst unterdurchschnittliche Intelligenzen via TV-Mattscheibe beleidigt werden, hat mit der gestrigen gleichnamigen Talkshow von Anne Will neue Gipfel erstürmt. Den Vorwurf "Lügenpresse" hatte ich schon vor fünf Jahren am Beispiel von Günther Jauch als wohlmeinende Überschätzung entkräftet, was Anne Will gestern Abend mit ihren Gästen Olaf Scholz (SPD), Annalena Baerbock (Die Grünen) und Friedrich Merz (CDU) darbot, spottet jedem noch halbwegs intellektuellen Anspruch an ein geistreiches TV-Gespräch.

"Wie wollen wir leben?", Motto einer ganzen crossmedialen Themenwoche, die Antwort lieferte die Gastgeberin nach einem einstündigen sinnlosen Geplänkel über tagespolitisches Kleinklein wie Corona-Soforthilfen, Steuersoli oder gendergerechte Gesetzestexte denn auch selbst, indem sie feststellte, dass sich über diese Frage noch stundenlang reden ließe, wegen der nachfolgenden "Tagesthemen" aber leider nicht mehr an diesem Abend.

Einzig Friedrich Merz versuchte sich diesem Irrlichtern mehrmals entgegenzustemmen mit seinem Hinweis beispielsweise auf das ebenfalls gestern unter Federführung der Chinesen unterzeichnete Freihandelsabkommen, das in der asiatisch-pazifischen Welt einen Wirtschaftsraum umschließe, dem fast ein Drittel der Weltbevölkerung angehörten. Man muss darin nicht die eine große Herausforderung sehen, die unser Leben in Deutschland oder Europa bestimmt oder bestimmen könnte, was ohnehin zur Antwort auf die Eingangsfrage auch nicht viel beitrüge, diesen Aspekt aber wie die Gastgeberin völlig zu ignorieren und statt dessen das Sprechpuppengeschwafel a la Scholz und Baerbock breit auszuwalzen lässt abgrundtief in eine geistige Leere blicken, in der sich nicht mal mehr Spuren eines journalistischen Engagements geschweige denn journalistischer Kompetenz befinden.

So zeigte sich Merz auch als einziger berufen, die gastgebende ehemalige Nachrichtensprecherin auf handwerkliche Fehler in Form von halbwahren Zitaten hinzuweisen. Anders als seine beiden handzahmen Mitgäste machte er souverän auch kein Hehl aus seiner Verachtung gegenüber einer, gemessen am Thema, derart dilettantischen Gesprächsvorbereitung und Gesprächsführung. Schmunzelnd und ohne Angst, vielleicht nie mehr eingeladen zu werden, lässt er die Anne machen, was sie will und offensichtlich auch nur kann: hochnäsig, voreingenommen, selbstverliebt. Ganz öffentlich-rechtliches Fernsehen eben.

Ab 2021 sollen die Radio- und Fernsehgebühren steigen, die Landtage von 15 Bundesländern haben bereits zugestimmt oder ihre Zustimmung festgeschrieben. Im Dezember wollen die Fraktionen von CDU und AfD in Sachsen-Anhalts Landtag eine Erhöhung der Zwangsabgaben für öffentlich-rechtliches Hören und Sehen als einzige ablehnen, wenn sie sich bis dahin nicht noch von den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten bequatschen lassen. Die Beitragszahler vor weiterer Raffgier der vollversorgten Fernsehfunktionäre mit Gehältern jenseits von Bundeskanzlersalären zu schützen wäre eine erste emanzipatorische Maßnahme. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen abzuschaffen wäre die einzig richtige.

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18. Dez. 2015 "Lügenpresse, Lügenpresse, Lügenpresse"
Zu viel der Ehre für Günther Jauch und die Kanzlerin

von Walter Budziak

„Lügenpresse, Lügenpresse, Lügenpresse“ lärmen die Horden, Nazigegröle dumpf wiederholend, bei Pegida-Demonstrationen und sonstigen wirren Polit-Kundgebungen. Gemeint sind Reporter von Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, die Parolen und Abläufe dumpfbackiger Krakelereien vermeintlich bewusst verfälschten, um zu verhindern, dass eine vermeintlich wahre Lehre und einzig wahre Problemlösungsstrategie verbreitet wird. Und zwar über die Kreise der ohnehin vermeintlich Bescheidwissenden hinaus verbreitet wird. Was übrigens weit über die inhaltliche Bedeutsamkeit hinaus geschieht, allerdings nicht der Wahrheit sondern der Auflage und der Einschaltquote wegen.

Der Begriff beschreibt die Pressewirklichkeit falsch. Sie ist viel deprimierender. Lügen wäre vielleicht noch charaktervoll, standhaft, ehrenhaft. Lügen hieße aber, man wüsste es besser, sage oder schriebe es aber nicht. Die Presse aber weiß nichts besser. Die Presse will auch nichts besser oder genauer wissen. Also kann sie auch nicht lügen. Wenn sie schleimend und buckelnd die Phrasen nachplappert, die ihr die Wichtigen und Mächtigen in die Notizblöcke und Mikrofone diktieren. Die Presse will mitspielen, mitgewinnen, mitfeiern, wenn die Regierungskabinette, die Europaräte, die Klimagipfel, die Weltspitzen sich protzig vor Sandburgen interviewen und ablichten lassen, die Wähler, Steuerzahler und ehrenamtliche gemeine Bürger mit ihren Schüppchen aufgeschüppt haben. Eine Welle, die Sandburg ist weg, wandern die Regierungskabinette, die Europaräte, die Klimagipfel, die Weltspitzen mitsamt ihren Presselakeien weiter, und lassen sich vor der nächsten Sandburg in Lissabon, Katar, Kapstatt oder Singapur interviewen und ablichten, die Wähler, Steuerzahler und ehrenamtliche gemeine Bürger mit ihren Schüppchen aufgeschüppt haben.

Die Presse ist ihrer Natur nach Sprachrohr. Sie will nichts, was ihre Zuflüsterer und ihre Leser, Zuhörer, Zuschauer nicht auch wollen. Wertfreie, unabhängige, aufklärende Information ist ein pränatales Hirngespinst. Die Presse presst zusammen, in Schlagzeilen, in Leitartikeln, in Sonderseiten, in Brennpunkten, was ihr Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Anerkennung und, vor allem, wirtschaftlichen, marktkonformen Gewinn verspricht. Stunden-, tage-, wochenlang. Endlos. Auch wenn es gar nichts zu pressen gibt. Weil es nichts Neues zu berichten gibt. Weil die, die etwas wissen, nichts sagen. Im Namen der Presse stehen selbstverliebte Reporter, Moderatoren, Chefredakteure, Intendanten, Finanzinvestoren. Die wollen Cash, in Form von Gehalt, gesellschaftlicher Wichtigkeit, Rendite. Und Talkshowpräsenz. Die sie natürlich selbst bestimmen, weil die selbstverliebten Moderatoren auch gern Chefredakteure, Intendanten, Finanzinvestoren wären.

Entlarvendstes, beschämendstes Beispiel: die ARD-Abschlussrunde am 29. November 2015 bei, mit Günther Jauch. Runde? Die Bundeskanzlerin gibt sich talkselig die Ehre. Allein. Grundbedingung, sonst kommt sie nicht. Ohne lästige, wohlmöglich kompetentere, wissendere Gesprächsteilnehmer. Die hätten hinterfragen, richtigstellen, widersprechen können. Und Günther Jauch? Akzeptiert. Höflich, beflissen, sich dümmer stellend, als er seiner Biographie nach eigentlich sein dürfte. Öffentlich rechtlich, per Rundfunkzwangsabgabe finanziert.

Jauch lügt nicht. Er kann gar nicht lügen. Er will gar nichts wissen, was über das hinausgeht, das sowieso jeder weiß, was über das hinausgeht, das ihm die Kanzlerin ins Mikrofon säuselt. Als hätte die Kanzlerin nicht schon einen hochdotierten Pressestab, ebenfalls steuerfinanziert übrigens, der nichts anderes treibt, als die Kanzlerin in ein wiederwahlversprechendes Licht zu manipulieren. Eigentlich bräuchte sie Jauch nicht. Aber er bietet ihr eine zusätzliche Bühne, weil er sie braucht, weil er mitglänzen will, weil er etwas abbekommen will vom Medienschein einer scheinbar Mächtigen. Bevor er diese TV-Bühne verlässt. Hoffentlich für immer. Fehlen wird er einem kritischen Journalismus jedenfalls nicht.

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8. Juni 2015 Vom Gipfel herab
Abfütterung der Pressemeuten

von Walter Budziak

Heute endet er, der Zirkus der obersten Marionetten der sieben selbsternannten wichtigsten Industrienationen. Hochsicher abgeschottet von allem, was mit den Sorgen, Nöten, Ängsten, Gefahren in den Niederungen dieser Welt zu tun hat, aufgeführt vor einer Märchenschlosskulisse, gigantischer Protz, jahrelang wahnhaft aufgemotzt, dabei im Inhalt so billig wie in der Verpackung lächerlich. Höhepunkt dieser politpupertären Angeberei: neben der deutschen Dauerkanzlerin Angela (Angie) Merkel der US-Präsident Barack Obama, hemdsärmelig inmitten lederbehoster bajuwarischer Folklorestatisten, in der Hand ein Weissbier, alkoholfrei, wie Thomas Schwarzenberger (CSU), Bürgermeister des auserwählten Gipfelaußenpostens Krün, beflissen klarstellt.

Angereist waren die selbstgefälligen Politpromis mit Beraterbataillonen im Schlepptau, je weniger einer zu sagen und zu bewirken hat, desto mehr Stiefellecker brachte er mit. Angie Merkel war natürlich, Heimspiel, allen klar überlegen. Sie hatte gleich ihr ganzes Volk in Reserve. Damit konnte Barack Obama nicht aufwarten, brachte aber immerhin eine tausenköpfige Delegation in Kommuniquéstellung.

Nicht einmal 48 Stunden hat das Spektakel gedauert. Selbst wenn außer den sieben Gipfeldarstellern jeweils nur fünf Hundertschaften mit angeschleppt wurden, wie sollten all diese Menschen in dieser Zeit irgend etwas Schlaues, Richtiges, gar Mutiges miteinander erörtern, abwägen, entscheiden, beschließen? Gemeinsam? Konstruktiv und vorausschauend? Wegweisend? Ganz abgesehen von der Zeit, die draufging für Interviews, Fototermine und sonstige selbstgefällige Blasiertheiten. Und, von der Deutschen Presse-Agentur ausgeplaudert und noch nicht mitgerechnet, das fünfsternig kredenzte Carpaccio vom Seeteufel und Wildlachs oder der Karwendel-Rehrücken mit Rotkohl wollte vor dem suitensanften Einschlafen auch noch verspeist werden.

Drei Eissporthallen waren für die Gipfelmedien hergerichtet worden mit 6 000 Quadratmetern Teppichboden, 180 Kilometern Kabel für Strom, Medientechnik, Klima und Telekommunikation. Allein 60 Tonnen wog die Klimatechnik für Heizung oder Kühlung, je nach Wetterlage, hatte die Deutsche Welle (DW) berichtet. Zum Bühnenort gelangte sowieso nur, wer sich monatelang vorher beworben hatte und die strengsten Sicherheitskriterien erfüllte. “Der Rest der insgesamt 3 000 für den G7-Gipfel akkreditierten Journalisten bleibt im Pressezentrum in Garmisch auf rund 2 000 Stühlen und an 1 400 Tischen in verschiedenen Größen sitzen und verfolgt das Gipfelgeschehen auf dem G7-Fernsehkanal, der alle offiziellen Bilder, Statements und Pressekonferenzen überträgt”, so viel von der DW dazu, wie Medienmeuten heutzutage gipfelklimagerecht abgefüttert werden.

Ob die Gipfelsause jetzt 130 Mio. Euro oder 300 Mio. Euro gekostet hat, wen interessiert das noch? Außer vielleicht die Krankenschwester, die Nachtschichten schieben muss, damit von ihrem Gehalt nach Abzug der Steuern genug übrig bleibt, um einmal im Jahr zwei Wochen Campingurlaub an der Möhnetalsperre machen zu können. Die nächste Gipfelfahne ragt noch höher, noch teurer, noch sinnfreier in den blankgeputzten Theaterhimmel. 400 Mio. Euro, 500 Mio. Euro, irgendwann gipfeln die sieben kleinen Herrscherlein auf dem Mond, um sich ihr undankbares steuererbsenzählendes Wahlvolk vom Hals zu halten. Oder aber, die Gipfelrunde ruft, und keiner der 3 000 Journalisten auf 2 000 Stühlen an 1 400 Tischen geht mehr hin. Vor leeren Medienrängen würde die Vorstellung sofort abgesetzt. Sie käme gar nicht erst in Betracht.

Ein Sieg des aufrechten, kritischen Journalismus über die höfische Ignoranz postdemokratischer Möchtegernfeudalisten. Wenigstens das Träumen sollte man sich noch gönnen.

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13. Mai 2014 Wiso staatstragend
Die ganz normale öffentlich-rechtliche Volksverdummung

von Walter Budziak

Staatsfernsehen. Plumpeste Propaganda. Was da gestern, Montag, 12. Mai, vorabends als ZDF-Wiso verbreitet wurde, spricht auch einem vorsichtig unterstellten Restanspruch an journalistischer Redlichkeit in sogenannten öffentlich-rechtlichen Medien Hohn.

Da wurde allen Ernstes der Fall durchgespielt, in einer journalistischen Sendung und nicht etwa beim kleinen Fernsehspiel, im deutschen Bundestag würde am nächsten Tag über einen Verbleib Deutschlands in der Euro-Zone abgestimmt, mit unterstellten Vorzeichen, dass eine Mehrheit dagegen, also für einen Ausstieg stimmen würde. Diese und die vermeintlichen Folgen, illustriert mit real existierenden, teils professoralen Experten, auf namentliche Aufzählung wird bewusst verzichtet, verschiedenster ebenfalls real existierender Institute in Interviews, gern immer wieder unterbrochen mit eingespielten, simuliert dokumentarischen Hintergrundinformationen. Ganz vorne dabei: der ZDF-EU-Neunmalklug Udo van Kampen, der Name ist Programm, der sich auch für keine Peinlichkeit zu schade ist, Stellung zu nehmen zu Themen, von denen er erwiesenermaßen keine Ahnung hat.

Vermeintliche, schon gedruckte D-Mark-Scheine im zig-Billionenwert, Geldwertverlust, Kaufkraftverlust, Massenarbeitslosigkeit, vernichtete Sparguthaben, Rekordeinbrüche bei den Exporten, das Machwerk, begleitend nicht als Simulation kenntlich gemacht wohlgemerkt, gipfelte in dem kruden Horrorszenario, alle Rentner müssten den Verlust von bis zu einem Drittel ihrer Rente befürchten. Widerliche Stimmungs- und Panikmache, der auch noch Exbundesminister Norbert Blüm seinen Senf beisteuerte.

Die Interessen, die hinter diesem Pfusch stecken, sind leicht auszumachen: Europawahlschlacht am 25. Mai 2014, alle, die von diesem EU-Moloch profitieren, die Bundestagsparteien voran, die ihre an fachlicher Kompetenz gescheiterten Genossen irgendwie mit gut dotierten Posten einseifen müssen. Damit sie nicht noch mehr dummes Zeug verzapfen und möglicherweise brisante Details aus dem politischen Berliner und sonstigen Ascherjedentag ausplaudern.

Kenntlich gemacht wurde der Fake zu Beginn und nach dem Abspann, hinterhältig zeitlich verzögert und visuell abgesetzt. Fake-Hinweise zwischendurch: keine. Das ganze vor dem Hintergrund, dass jetzt jeder Haushalt, mit oder ohne Glotze, für solche manipulativen Medienberieselungen berappen muss. Monatlich. Kritische, journalistische Distanz zu Themen und Personen? Keine Spur. Gegen welchen Polit-Oberkasper wurde noch kein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren eingeleitet? Und kryptisch wieder eingestellt? Mediale Nachfragen, die bloßstellten, überführten, offenlegten? Zu brisant, zu heikel. Die Einladung zum nächsten Presseball beim Bundespräsidenten könnte danach nicht mehr auf den Schreibtisch flattern.

Und das Volk? Irgendein Anspruch an journalistische Kompetenz, jounalistisches Niveau, Kultur, Idealismus, Gestaltungswille? Der Mob kriecht sich selbst in den Arsch. Zugedröhnt mit Hartz-IV. Der nächste, der öffentlich über russische oder chinesische Medien salbungsvoll den Stab bricht, sollte verdonnert werden zu 20 Stunden Pflichtglotzen deutscher Propaganda-Magazine. Wöchtlich. Für den Rest seines Lebens. Wie tief ist der mediale Anspruch der Allgemeinheit auch hierzulande gesunken? Bodenlos.

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6. Mai 2014 Jetzt aber mal arisch
Ganz kleines “kleines Fernsehspiel”

von Walter Budziak

Anstrengend, über diese 90 Fernsehminuten vor dem Bildschirm zu harren. Trotz Interesse an dem spannenden Thema. Was Mo Asumang, Autorin und Regisseurin mit sichtbar afrikanischen Wurzeln, gestern zu Mitternacht im ZDF vorstellte, glich phasenweise mehr einer billigen Doku-Soap denn einer soliden Bestandsaufnahme nach den Regeln seriöser journalistischer Arbeit. Zu kurz gesprungen.

Der krampfhaft bemühte Anspruch, den Begriff "Arier" und "arisch" historisch zu ergründen und die gegenwärtig damit verknüpften Ansichten und gelebten Denkmuster zu dokumentieren, wurde dem Film schon nach wenigen Minuten zu viel. So lobenswert und mutig das Ansinnen auch anmutet, als dunkelhäutige Reporterin die Konfrontation mit rassistisch genordeten Dumpfbacken zu suchen, so kläglich scheiterte das Gezeigte an den Standards einer handwerklich soliden journalistischen Umsetzung. Was allein nicht beklagenswert wäre. Aber auch eine denkbare persönliche Befindlichkeitsbeschreibung der Autorin lief schief.

Die Antworten auf Fragen an zufällig oder gezielt ausgewählten Personen, die der ZDF-Clown Alfons nicht naiver hätte stellen können, lieferten keinerlei Erkenntnisse, die über das Erwartbare hinausreichten. Platte Beliebigstatements statt einer ernsthaften neugierigen Spurensuche nach den thematischen Begrifflichkeiten und einer Auseinandersetzung mit einem möglicherweise erklärenden aktuellen gesellschaftlichen oder wissenschaftlichen Diskurs.

Und primitivste Effekthaschereien. Die üblichen Naziglatzköpfe natürlich und, ganz billig, weißgewandete Ku-Klux-Klan-Figuren im Wald. Vermummt. Bei Nacht. Echt oder gestellt, wer weiß das schon? Gefilmt wo und wann auch immer. Vielleicht im Harz? Kurz vor dem Hexensprung? Ein lächerliches Bild, die schüchterne Dunkelhäutige, hellblaues Mädchenkleidchen, Handtäschchenriemchen über der Schulter, so gekünzelt gestellt neben dem Ku-Klux-Klan-Monster. Finsternisdramaturgie pur. Hallo Leute, ich trau mich was. Kommt das auch richtig rüber? Jedem geschenkt, der sich für so etwas nicht zu schade ist. Zwischendurch, gefühlt die Hälfte der Sendezeit, die Autorin ganz höchstselbst im Bild, nah, hautporennah, weinerlich, wehleidig, betroffen, fast heiligklug. Dabei nicht mal wirklich gut aussehend, aber wenigstens dafür kann sie nichts.

Was gänzlich fehlte: ein irgendwie artikulierter Bezug, eine Reflexion gegenüber allem wirklich Beherrschenden. Fragen zu aktuellen, möglicherweise viel subtileren und daher gefährlicheren politischen und medialen Praktiken, Floskeln, Parolen, Phrasen. Kapitaldiktatoren, menschenverachtende Profitsucht, willfährige Politmarionetten. Mit manipulativer, betäubender Rhetorik. Brachialer Nationalismus mit Ariergetöse war gestern, Erdausbeutung gepaart mit geldgeilem Gigantismus, lieblich gesäuselt und verbal geschickt verbrämt, ist heute.

Nicht arisch verwirrte und verirrte Witzgestalten bedrohen das Gemeinwesen. Nicht mal Mo Asumang, wie man sehen konnte. Skrupellose Kapitalisten, zügelloser Herrschwahn, Korruption, mafiöse Schattendiktaturen sägen an den Säulen einer hierzulande kalkulierterweise noch erträglichen Gesellschaft. Doch darüber von Mo Asumang kein Bild. Nicht mal ein Wort.

Wieviel kosten 90 Sendeminuten den Gebührenzahler? Man will es gar nicht wissen.

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20. Sep. 2013 An einem Tag wie immer
Außer Reden nichts gewesen

von Walter Budziak

Eine beliebige Zeitung, eine beliebige Nachrichten- oder Magazinsendung in Radio oder Fernsehen, an einem beliebigen Tag, die Inhalte sind immer die gleichen. Na ja, fast immer. Tage mit Ereignissen wie der Einsturz des World Trade Centers, der Tsunami im Indischen Ozean am 26.12.2004 mit mindestens 231000 Opfern oder die Fukushima-Katastrophe am 11.3.2011 zählen in diesem Zusammenhang nicht.

Ansonsten aber mediendeckend gleiche Inhalte. Nicht im wortwörtlichen Sinn und auch nicht thematisch, aber strukturell, konzeptionell, traditionell. Vier von fünf Meldungen, Berichten, Analysen, Kommentaren basieren auf Satzfetzen, die irgend jemand verlautbart hat. Ob Politiker, Verbandsvertreter, Funktionäre von DGB bis BDI, Kirchenfürsten, Sportler allgemein, Fußballer besonders, bis runter in die 2. Liga, mindestens, Vorstände sämtlicher Dax-Unternehmen und abwärts, Schauspieler nicht zu vergessen, die haben zu allem und jedem etwas zu sagen, nicht zuletzt Wissenschaftler, die gern auch mal überraschend festgestellt haben, dass Rauchen nicht unbedingt schlank macht, Computerspiele nicht vor Bewegungsmangel schützen und zu viel Sex auch keine Lösung ist.

Leiter von Instituten wie DIW, IfW oder IFO kommen positiver weg, sie geben, ebenso wie Direktoren großer Organisationen wie IWF oder OECD, meist wenigstens die Ergebnisse aktueller Studien kund. Vertreter der eigenen Zunft, Literaten, Literaturkritiker, Publizisten, Moderatoren, werden dagegen auch gern als Stichwortgeber herangezerrt. Weil sie am liebsten Pflaumenkuchen essen, sich für mehr Bildung schon auf der Entbindungsstation einsetzen, manche Partys entsetzlich langweilig finden und überhaupt viel spazieren gehen, vor allem wenn sie nicht arbeiten.

Im Grunde kommen regelmäßig all die in Zeitung, Radio und Fernsehen als Nachricht oder Thema zu Wort, die auch regelmäßig jeden Abend in einer Fernsehtalkshow sitzen, einige gefühlt in mindesten drei gleichzeitig. Interviews sind allgemein sehr beliebt. Sie kosten wenig, schmeicheln der Eitelkeit, des Interviewten und des Interviewers, und sie füllen Seiten respektive Sendezeit. Wie haben Sie Ihre Äußerung denn nun gemeint? Wie erklären Sie sich die heftigen Reaktionen auf Ihre Rede? Können Sie nachvollziehen, warum Herr, Frau soundso dies oder das behauptet? Warum haben Sie Ihre Meinung geändert, obwohl Sie vor einer Woche noch das Gegenteil verteidigt haben? Wenn Sie heute so sagen, wissen Sie noch, was Sie vorgestern gesagt haben, obwohl Sie bis dahin immer gesagt haben, dass Sie zu dem Thema nichts sagen wollten?

Informieren, Berichten, Analysieren von Fakten, Ereignissen, Beschlüssen liegt offenbar immer weniger im Medientrend. Was daran liegen könnte, dass entgegen der Erkenntnis Jürgen von Mangers doch zu wenig passiert, um die Seiten damit voll zu kriegen. Naheliegender ist jedoch die Vermutung, dass Fakten, Ereignisse oder Entscheidungen nicht so sexy rüberkommen wie flotte Sprüche, Warnungen, Androhungen (Rücktritt!) oder kernige, sinnfreie Thesen der mächtigen und schönen A- und B-Promis. Wobei der meiste Schwachsinn allerdings sehr wohl mit Bedacht gesetzt wurde, von Stäben taffer PR-Strategen punktgenau inszeniert. Was aber keine Medienmeute davon abhält, sich draufzustürzen und an der Nase herumführen zu lassen. Wie hätte es sonst passieren können, dass der Wegfall der Ausbildungszeiten bei der Rentenberechnung ab 2005, eine gigantische Rentenkürzung und eigentlich mediales Aufregerthema Nr. 1, in den Medien fast keine Rolle spielte? Die weinerlichen Trinkgewohnheiten eines Peer Steinbrück dagegen, derzeit Kanzlerkandidat der SPD, besamen die Medienlandschaft monatelang. Wen wundert’s? Der abgetauchte Kaiman Sammy im Baggersee bei Dormagen hatte es im Sommer 1994 zum Aufmacher in den Tagesthemen geschafft.

Wirtschaftlichkeit, Rentabilität, die Keulen der Mittelmäßigkeit und Antriebslosigkeit gegen Biss und Qualitätsanspruch. Es ist natürlich billiger, und schneller, sensationell wichtigen Sprechblasen hinterherzuschleimen als komplizierte Zusammenhänge von Ursache, Entstehung, Auswirkung von Entscheidungen zu recherchieren. Und verständlich zu vermitteln. Aus Sicht der Verleger und Intendanten. Und karrierefördernd aus Sicht der sensationell aktuellen Schreibblöcke und Mikrofone. Wer ist dichter dran, wer kommt schneller durch, wer hat als erster die Stellungnahme der Bundeskanzlerin, des Bundespräsidenten oder gar die Meinung des dreifachen Weltmeisters, auf die alle mit Spannung gewartet haben? Mitglänzen im Glanz der Wichtigen und Prächtigen.

Zeitungskrise, Medienkrise, Leser-, Hörer-, Zuschauerkrise. “Merkwürdig, dass jeden Tag genau so viel passiert, dass die Zeitung davon voll wird” (Jürgen von Manger). Muss aber nicht. Den Rest schafft Gerede.

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