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aktuelle reportage
Blättern von Künstler zu Kanzler und König
Signaturen für die Nachwelt
 
2. Gäste in Büchern der Hotels

 
Die königlichen Hoheiten wollte Andreas Bernard, Chef des Hotels "Walhalla", mit seinem Gästebuch nicht alle behelligen beim königlichen Stelldichein. Anderthalb Jahre hatten die Vorbereitungen gedauert, um den gekrönten Herrschaften einen ersten gemeinsamen Empfang zu bereiten, ihnen Gelegenheit zu bieten, sich nach der Anreise zu erfrischen und gegenseitig zu begrüßen, bevor sie zum ökumenischen Festgottesdienst "350 Jahre Westfälischer Friede" in die Marienkirche zogen. Bundespräsident Roman Herzog aber schrieb sich ein. Sonst jedoch stehen die Handschriften vieler höchstrangiger Amts- und WürdenTräger, die das Goldene Buch der Stadt Osnabrück schmücken, auch in seinen Gästebüchern, allen voran die der schwedischen Königin Silvia und des Dalai Lama, der zwei Nächte das Ambiente des geschichtsträchtigen Hauses zu schätzen wußte.
 
In den neun Gästebüchern, die inzwischen entstanden, sieht Andreas Bernard vornehmlich eine Chronik des Hauses, 1690 auf Grundmauerm von 1530 erbaut, 1984 von Schwiegervater Günter David erworben, umgebaut und renoviert, 1986 wiedereröffnet und seitdem sorgfältig erhalten und behutsam modernisiert.
 
Wie im Rathaus wird das Gästebuch auch im Hotel "Walhalla" nur noch ausgewählten Gästen vorgelegt. Anders als im Rathaus klebt ihren Unterschriften und freundlichen Bemerkungen meist ein PR-Foto zur Seite, eine Gepflogenheit, der sich mittlerweile auch einige Politiker offenbar gern anschließen. Die bleiben jedoch in der Minderheit, im "Walhalla"-Gästebuch haben Schauspieler, Musiker, Kabarettisten das Schreiben. Mit einem "Yellow-Press-Magazin" vergleicht Andreas Bernard daher seine in Leder und Kork gebundenen Schätze.
 
GruppenFoto mit Majestäten: A. Bernard hatte die Könige halb Europas zu Gast.
 
Geheimnisse oder gar Intimitäten sind zwar nicht eingetragen, einige lockere Bemerkungen so oder anders bekannter PublikumsLieblinge sind aber zu lesen. Wo Königin Silvia nächtigte, schlief im Januar 1998 einige Tage später auch Tony Marschall "in einem wahrlich königlichen Gemach. Exellent!", so sein Kommentar. Mit zwei NotenTakten verabschiedete sich Max Greger, Rex Gildo konnte Alltag vergessen bei guter Küche und schönem Ambiente "bestimmt nicht zum letzten Mal". Für "zwei schöne und lustige Tage" bedankte sich Wencke Myhre, und auch Rudolf Scharping wäre im Februar 1998 "gern einige Tage länger geblieben". Bereits im Juli desselben Jahres kam er wieder. "Gern noch etwas Zeit vertrödelt" hätte auch FDP-Wolfgang Gerhard.
 
Viele suchen regelmäßig im "Walhalla" Ruhe, wenn sie ihr Tournee- bzw. TerminKalender nach Osnabrück führt. Hera Lind fühlt sich trotz Dunkelheit und Kälte draußen stets "gut aufgehoben", FernsehJournalistin Lea Rosch kommt immer mal "wieder nach Hause". Mit Hund fand NDR-Plauderer Carlo von Tiedemann: "Ihr seid - wie immer - toll." Ein halbes Jahr vorher, im Mai 1998, notierte Dr. Günter Beckstein, weißblauer Innenminister: "Für einen Bayern ist es das Höchste, schon zu Lebzeiten in der Walhalla zu sein - leider nur für eine Nacht." ARD-NachrichtenFrau Dagmar Berghoff gönnt sich das behagliche Vergnügen "wenigstens einmal im Jahr", wie sie im Februar 1998 schrieb. Rudi Carell im November 1988: "Wetten, daß ich bald wiederkomme. Toll hier."
 
Nach fast 25 Jahren erinnerte sich ParlamentsPräsidentin Rita Süßmuth an einige Monate Mitte der sechziger Jahre, als sie "an der Hochschule in Osnabrück gearbeitet" habe, und genoß "Atmosphäre und Stil". Noch weiter reichten die Erinnerungen zurück, deren sich FernsehJournalist Rolf Seelmann-Eggebert besann: an den Beginn seiner BerufsLaufbahn Mitte der fünfziger Jahre als junger RadioReporter in Hannover. Der Aufenthalt im "Walhalla" hatte für ihn "ein bißchen den Ausdruck von Coming Home nach langer Fahrt."
 
Der Blick aus dem Fenster auf Fachwerk und Dächer und "Omas Sülze im Restaurant" waren für den SpiegelKulturExperten Helmut Karasek die bleibenden Eindrücke. Der jetzige BundesKultusMinister Michael Naumann blieb nach einer WaklkampfVeranstaltung im September 1998 weniger prosaisch. Er sah sich an einem "ersehnten Ruheort für einen dankbaren Gast." Fast lyrisch dagegen ZDF-PromiTagebuch Nina Ruge: "Wo, wenn nicht hier, kann ich wünschen ... und träumen Sie gut!"
 
Vor der vorübergehenden Schließung des Hotels 1984 gaben sich SchützenKönige, StadtPrinzenPaare, HochzeitsGesellschaften die Seiten der Gästebücher in die Hand. Einzelne Gäste griffen seltener zur Feder, zum Beispiel, wenn sie von weit her kamen. "I was born in Walhalla, North Dakota", schrieb ein US-Amerikaner im November 1977, "my sister was here earlier this summer from Jamestown, North Dakota. She told me, I defenitely must visit this restaurant."
 
Die ersten drei Gästebücher, "Brutbok I, II und III", waren ausschließlich Brautpaaren vorbehalten. Vielen Einträgen, der erste datiert vom 1. August 1933, waren MünzAbdrucke beischraffiert ("120 Einen Thaler", Deutsche Reichsmark mit LessingPorträt auf der Rückseite), und man darf vermuten, daß mancher Bräutigam und mancher BrautVater, der seinem Namen ein "Heil Hitler!" voranschrieb, nach dem Krieg nicht mehr so begeistert gewesen wäre, hätte man ihn daran erinnert. Manche "Brutbok"-Seiten erscheinen sogar wie amtliche Dokumente. Auf ihnen stehen Siegel und Unterschrift des Standesbeamten.
 
So wertvoll ihm die Bilder und Texte in seinen Gästebüchern sind, mit vielen verbindet Andreas Bernard auch unterhalsame Begegnungen, packende Gespräche. Friedlich und freundschaftlich miteinander leben, lautete die Botschaft, die der Dalai Lama ihm sanft und leise ans Herz legte, "ohne sie als Doktrin zu verkaufen", zeigt sich der HotelChef noch heute beeindruckt von dem fast kindlich-wißbegierigen Interesse des heiligen Mannes an seinem Haus und den Menschen, die darin leben und arbeiten. Anregend auch ein spätabendliches Gespräch mit Hans-Dieter Hüsch, Altmeister des geistreichen, sensiblen deutschen Kabaretts. Er kenne das "Walhalla" seit 1943/44, als er ein dreiviertel Jahr in Osnabrück gewohnt habe. "Mein Gott ist das lang her!", schrieb er im April 1990. "So selbstverständlich und bescheiden", erinnert sich Andreas Bernard an diesen Gast.
 
Der studierte Hotelbetriebswirt, der die Geschicke des "Walhalla" seit 1995 leitet, nachdem er einige Jahre in ersten HotelAdressen im Ausland HotelErfahrung satt gesammelt hat, weiß, welche Gäste abgeschirmt und in Ruhe gelassen werden wollen und welche ein entspannendes Gespräch suchen nach einer Veranstaltung oder Vorführung. Zu letzteren zählte auch eine Ikone deutscher FernsehUnterhaltung, Wim Toelke. Sein Fazit im Oktober 1995: "ein ungewöhnliches Haus voller liebenswerter und hilfsbereiter Menschen."
 
An Vergrößerung denkt Andreas Bernard, zweifacher FamilienVater und Verfechter gediegener, frisch zubereiteter Speisen, trotz des großen Andrangs vornehmlich in qualitativer Hinsicht. Die Instandhaltung der 66 Zimmer erfordere schon heute viel Aufwand. Darauf will er sich konzentrieren. "Wir hängen an dem Haus", beschreibt er die Einstellung seiner Familie.
 
Die Gäste offenbar auch, manche so sehr, daß sie keine Zeit mit Schlafen verpassen wollen. Rex Gildo und seine Musiker waren nach ihrem Auftritt in der Stadthalle noch bester Laune und feierten bis in den frühen Morgen, Andreas Bernard in ihrer Mitte. Ernst Albrecht, ExMinisterPräsident in Niedersachsen, konnte sich auch nur schwer trennen. Er bat um Erlaubnis, wenigstens einen Aschenbecher kaufen zu dürfen.
 
 
Auch Sportler haben im "Walhalla" ihre müden Knochen zur Ruhe gebettet, die Kicker vom Karlsruher SC zum LigaPokalHalbfinale an der Bremer Brücke. Ansonsten scheint aber das Hotel "Ibis" in Osnabrück die bevorzugte Anlaufstelle für FußballArtisten und ihre Anhänger, zumindest solange der VfL Osnabrück noch in der 2. Liga kickte. Dabei waren im Oktober 1987 auch Altmeister wie Uwe Seeler und Hannes Löhr.
 
Carolin Sonntag, Hoteldirektorin seit Juli 1998, führt auch das Gästebuch, das mit dem Hotel am 1. September 1984 eröffnet wurde. Neben sportlichen Größen haben sich seither auch viele Persönlichkeiten eingetragen, bekannt aus der Kultur- und PolitikSzene. Gleich an zweiter Stelle griff im April 1985 Udo Jürgens zur Feder, gefolgt von Heino, Ulla Meinecke, Heidi Kabel. Aktuell von besonderem pilitischen Interesse, Oscar Lafontaine am 6. Juni 1986, damals Ministerpräsodent des Saarlands.
 
Howard Carpendale, neben seiner SängerKarriere auch ein begeisterter Golfer, wie Carolin Sonntag weiß, hinterließ im Juli 1987 sein Autogramm. Wie heute suchte die HotelChefin schon immer Begegnung und Gespräch mit ihren Gästen, von 1987 bis 1989 als stellvertretende Direktorin im Hotel "Ibis".
 
Sucht Gespräch mit Gästen: "Ibis"-Chefin Carolin Sonntag mit Bild von Manfred Krug.
 
Besonders gut erinnern kann sie sich an Mary and Gordy, Manfred Krug ("keine StarAllüren, keine besonderen Ansprüche"), den Osnabrücker RockBarden Heinz Rudolf Kunze und Claus Hinrich Casdorff, streitbarer FernsehJournalist, der sich ausdrücklich für die "nette Betreuung" bedankt.
 
Kabarettist Jochen Busse kehrte am Blumenhaller Weg ein, Extremkraxler Reinhold Messmer, KunzeKollege Klaus Lage. Mit eigenen AutogrammKarten, wie sonst nur von UnterhaltungsKünstlern gewohnt, hinterließen zuletzt FamilienMinisterin Claudia Nolte im Februar 1998 und BundestagsPräsidentin Rita Süßmuth Spuren ihrer Anwesenheit. Leise Anzeichen eines veränderten Selbstverständnisses deutscher PolitProminenz?
 
 
Ausgedient haben Gästebücher im Hotel "Kulmbacher Hof", aber das auch erst seit acht Jahren. Bis 1991 pflegte Helmut Saunus, seit 20 Jahren HausChef, seinen öffentlich bekannten oder gar berühmten Gästen das SignaturBuch der Erinnerungen vorzulegen. Beim Durchblättern der teilweise schon recht angegilbten Seiten kommen ihm denn auch einige Kuriositäten und heitere Anekdoten wieder ins Gedächtnis.
 
GästeSpuren: Roswitha Saunus vor StockhausenPartitur mit Widmung.
 
Inge Meysel, von der familiären Atmosphäre angetan, ließ es sich nicht nehmen, Roswitha Saunus, die damals schwangere Ehefrau, auszupendeln. Heraus kam, sie werde einen Jungen zur Welt bringen, was sich als falsch erwies. Geboren wurde ein properes Mädchen. Ansonsten habe er die Meysel aber so bescheiden und warmherzig erlebt, wie man sie von ihren Fernsehrollen kenne, sagt Helmut Saunus.
 
Einen AusnahmeZustand erlebte das Hotel, als der Bundesvorstand der FDP 1986 einkehrte. Beamte der SicherungsGruppe Bonn riegelten das Haus von allen Seiten ab, sogar die Fenster sollten mit HolzBalken verbarrikadiert werden, was Helmut Saunus aber dann verhindern konnte. Selbst Ehefrau Roswitha wurde erst nach vielen Rückfragen und SicherheitsChecks ins Haus gelassen.
 
Ähnlichen Wirbel verursachte Karl Dall mit seinen Leuten. Er wurde zunächst als "Einbrecher" gestellt, nachdem er spät nachts durch ein offenes Fenster eingestiegen war. Der GästebuchEintrag mit Dank für "Service und Schnaps nachts um drei" erinnert Helmut Saunus noch an die muntere Party, die Karl Dall nach Klärung des Irrtums steigen ließ.
 
Unauffällig und "wenig spektakulär", so Helmut Saunus, verhielten sich dagegen Gäste wie Schauspieler Heiner Lauterbach oder GoldStimme Carel Gott, die der HausHerr als ebenso zurückhaltende und sympathische Zeitgenossen erlebte wie den Kabarettist vom Düsseldorfer "Komödchen", Kai Lorentz, der Anfang der achtziger Jahre mit Harald Schmidt Quartier bezog. Wolfgang Niedeggen, Kopf der Kölner RockGruppe "Bap", kamen, sahen, nächtigten, auch Hans Dieter Hüsch, Heidi Kabel, die 1991 ihren Geburtstag mit einem GrünkohlEssen feierte, 1985 anläßlich des Deutschen Wandertags Bundespräsident Carl Carstens, Sängerin Heidi Brühl und die AusländerBeauftragte der Bundesregierung, Liselotte Funke. Viele Promis, hat Helmut Saunus festgestellt, legten keinen Wert auf besonderen Service oder gar Abschottung. Im Gegenteil, manche suchten gar das zwanglose Gespräch mit anderen "normalen" Gästen.
 
Hin- und weggerissen war der heute 16jährige Sohn des Hauses, als die Popgruppe "Die phantastischen Vier" den "Kulmbacher Hof" aufsuchten. Nachdem sich die Anwesenheit der Popgruppe "Sweet" herumgesprochen hatte, sackte der Altersdurchschnitt der anderen Gäste schlagartig. "Plötzlich wimmelte es im Restaurant von jungen, meist weiblichen Verehrern", schmunzelt Helmut Saunus. Gitarist Leo Kottke kehrte ein, der Journalist und Publizist Ralph Giordano, Sänger und PlattenPlauderer Bill Ramsey, Kabarettist Kurt Schmidtchen, Rotraud Schindler, geschiedene Frau von Dieter Hallervorden. Der verschmähte 1985 allerdings noch den Luxus einer warmen, weichen Bettstatt im 1963 modern und komfortabel eingerichteten Hotel und schlief in seinem Wohnmobil, das er beim MoskauBad abgestellt hatte.
 
Für Verblüffung sorgte Otto Walkes bei einem seiner beiden Besuche, weniger beim HotelPersonal als bei Mechanikern einer AutoWerkstatt. Nachdem der Bus, mit dem der ostfriesische Komiker tourte, am "Kulmbacher Hof" vorgefahren war, waren seine 16 Begleiter ausgestiegen. Wegen eines Defekts fuhr der Bus weiter zu einer ReparaturWerkstatt. Otto, auch vom Fahrer unbemerkt, war einfach auf der Rückbank sitzen geblieben. Bei den Mechnikern, so berichtete der Fahrer später, löste das fast hitzige Wortwechsel aus in der Art: "Otto sitzt hinten im Bus." - "Ja, ja, und meine Oma heiratet morgen den Kaiser von China." Helmut Saunus erlebte den BlödelBarden vor seinen Auftritten in der Stadthalle als auffallend still und zurückgezogen, nach einer Vorstellung dagegen als gelöst und heiter. Seine Unterschrift im Gästebuch garnierte Otto kunstvoll mit einem "Ottifanten".
 
Nicht alle Gäste beschränkten ihren Aufenthalt am Schloßwall auf wenige Tage. Eine Delegation aus Rotchina blieb ein geschlagenes DreiviertelJahr. Genutzt wurde die Zeit zum Ankauf mehrere IndustrieAnlagen in Hollage, wie Helmut Saunus sich erinnert. Im Oktober 1973 wurde das Gästebuch eröffnet, der letzte Eintrag 1991 stammt von Jörg Wontorra, der in Osnabrück den mittlerweile traditionellen Presseball moderierte. Für die meisten Gäste sei ein solches Buch inzwischen "ein Greuel", meint der HausHerr. So entschloß er sich, prominenten Gästen statt dessen VeranstaltungsPlakate, EintrittsKarten, PlattenCover vorzulegen und signieren zu lassen, die er dann gerahmt in den Gängen und AufenthaltsRäumen aushängt. Diese ErinnerungsStücke seien origineller, und auch alle anderen Gäste hätten etwas davon. Besonders Stolz ist das HotelierPaar auf ein Notenblatt mit Widmung von Karl-Heinz Stockhausen, das in der EingangsHalle hängt. Der Komponist der bekannten 12-TonMusik hatte eine wertvolle Partitur in seinem Zimmer liegen lassen, die ihm sofort nachgeschickt wurde. Zum Dank komponierte er eigens zu Ehren von Helmut und Roswitha Saunus eine kleine Melodie, die einigermaßen flüssig auf dem Klavier zu spielen, der HausHerrin bisher allerdings noch nicht gelungen ist.

 
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0. Inhalt
1. Das Goldene Buch der Stadt Osnabrück
3. Auch eine Jugendherberge führt gastlich buch

 
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